NRW

§ 17 Schatzregal

(1) Bewegliche Denkmäler und bewegliche Bodendenkmäler sowie Funde von besonderer wissenschaftlicher Bedeutung, die herrenlos sind oder die solange verborgen waren, dass das Eigentum nicht mehr zu ermitteln ist, werden mit der Entdeckung Eigentum des Landes. Sie sind unverzüglich an die Untere Denkmalbehörde oder das Denkmalpflegeamt zu melden und zu übergeben.

(2) Denjenigen, die ihrer Ablieferungspflicht nachkommen, soll eine angemessene Belohnung in Geld gewährt werden, die sich am wissenschaftlichen Wert des Fundes orientiert. Ist die Entdeckung bei unerlaubten Nachforschungen gemacht worden, sollte von der Gewährung einer Belohnung abgesehen werden. Über die Gewährung der Belohnung und ihre Höhe entscheidet im Einzelfall die Oberste Denkmalbehörde im Einvernehmen mit dem örtlich zuständigen Denkmalpflegeamt.“

 

Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Gesetzes zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen (VV zum DschG)

RdErl. d. Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr v. 11.4.2014

 

Zu § 17 Schatzregal

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Ziel des § 17 DSchG ist es, bedeutende Funde und bewegliche Denkmäler und Bodendenkmäler zu erhalten, für die wissenschaftliche Forschung zu erschließen und sie nach Möglichkeit der Öffentlichkeit in Museen, Sammlungen und Ausstellungen zugänglich zu machen. Der staatliche Eigentumserwerb stellt sicher, dass die Funde jederzeit der wissenschaftlichen Forschung und der Allgemeinheit als Teil des gemeinschaftlichen kulturellen Erbes zur Verfügung stehen. Ziel des § 17 DSchG ist es zudem, dem illegalen Handel solcher Funde vorzubeugen. Das Gesetz sieht nunmehr ein sogenanntes „umfassendes“ Schatzregal vor, das den Eigentumserwerb durch das Land mit einer differenzierten Betrachtung der Fundbedeutung und unabhängig von den Fundumständen formuliert. Das Land erlangt mit der Entdeckung originär Eigentum, ein Verwaltungsakt ist dazu nicht notwendig. Es ist zudem für den Eigentumserwerb nicht notwendig, dass das Land durch staatliches Handeln den Besitz begründet oder die Funde faktisch in Besitz nimmt. Auch bei illegalen und ohne Genehmigung nach § 13 DSchG durchgeführten Ausgrabungen, sogenannten Raubgrabungen, entdeckte Funde im Sinne von § 17 DSchG gehen in das Eigentum des Landes über. Entsprechend des Sachverhaltes in Anwendung des § 984 BGB bezüglich des Eigentumserwerbes macht sich ein Entdecker eines Fundes gem. § 246 StGB strafbar, wenn er den Fund in Kenntnis der gesetzlichen Regelung und mit der Absicht unterschlägt, das Eigentum daran zu behalten.

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Der Eigentumserwerb des Landes aufgrund des Schatzregals betrifft bewegliche Denkmäler und bewegliche Bodendenkmäler sowie Funde von besonderer, wissenschaftlicher Bedeutung, die herrenlos sind oder deren Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist.

Bewegliche Denkmäler sind alle nicht ortsfesten Denkmäler (§ 2 Abs. 4 DSchG).

Bewegliche Bodendenkmäler sind solche nicht ortsfesten Denkmäler, die sich im Boden oder in einem Gewässer befinden oder befanden (§ 2 Abs. 5 Satz 1 DSchG). Darunter fallen archäologische und paläontologische Funde und (bewegliche) Fundkomplexe, die den Anforderungen der §§ 2 Abs. 1 und  3 Abs. 1 DSchG genügen und in die Denkmalliste eingetragen sind oder die Eintragungsvoraussetzungen erfüllen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 DSchG ist eine Eintragung in die Denkmalliste allerdings nur bei einer besonderen wissenschaftlichen Bedeutung notwendig. Eine Eintragung ist auch in solchen Fällen nicht notwendig, wenn bewegliche Denkmäler von einer öffentlichen Einrichtung betreut werden (§ 3 Abs. 1 Satz 4 DSchG). Eine Eintragung beweglicher Bodendenkmäler in die Denkmalliste ist im Gesetzesvollzug seit 1980 selten erfolgt, weil die großen Quantitäten des Fundmaterials aus Ausgrabungen von öffentlichen Einrichtungen betreut werden (die Archäologie-Museen) und die übrigen Funde, auch Lesefunde ehrenamtlicher Mitarbeiter und von Sondengängern, das Kriterium der besonderen Bedeutung wegen des fehlenden Fundkontextes häufig nicht erfüllen. Die gemeldeten Zufalls- oder Lesefunde werden soweit nötig und sinnvoll, wissenschaftlich erfasst, ausgewertet und bearbeitet. Unter die Regelung des § 17 entfällt nur ein geringer Teil dieser Funde, eben der Teil mit besonderer Bedeutung gem. §§ 2 Abs. 1 und 3 Abs. 1 DSchG und insbesondere der Teil mit nachvollziehbarem Fundkontext.

Funde von besonderer wissenschaftlicher Bedeutung sind Sachen, die aus wissenschaftlichen Gründen besonders bedeutend sind, ohne dass es sich um bewegliche Denkmäler oder Bodendenkmäler handeln muss. Für die Annahme einer wissenschaftlichen Bedeutung reicht grundsätzlich jede Art von wissenschaftlichem Interesse aus, das auf einen Erkenntniszuwachs ausgerichtet ist. Ein Fund ist von wissenschaftlichem Interesse, wenn er z.B. als Gegenstand der naturwissenschaftlichen, prähistorischen, archäologischen, kunsthistorischen oder historischen Forschung in Betracht kommt. Eine besondere wissenschaftliche Bedeutung liegt vor, wenn der Fund besonders wichtige Erkenntnisse für die Wissenschaft erbringen kann. Beispielsweise sind Funde aus archäologischen oder paläontologischen Ausgrabungen aufgrund des wissenschaftlich dokumentierten Fundkontextes Funde von besonderer wissenschaftlicher Bedeutung, auch wenn sie im Einzelfall nicht die Voraussetzungen für bewegliche Bodendenkmäler nach § 2 Abs. 5 Satz 1 DSchG erfüllen.  Entscheidend ist, dass diesen Funden dauerhaft eine wissenschaftliche Aussagekraft innewohnt, die etwa aus Forschungsinteresse von Bedeutung ist. Funde aus Untersuchungen historischer Bausubstanz, z.B. Depotfunde, die keinen originären Zusammenhang mit dem Bau selbst aufweisen (z.B. Münzdepots als Verbergefunde) und deren ursprüngliche Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger nicht mehr zu ermitteln sind, unterliegen ebenfalls der Definition des Fundes von besonderer wissenschaftlicher Bedeutung.

Herrenlos bedeutet in diesem Sinne, dass Eigentum entweder nie bestanden hat (dies trifft etwa für paläontologische Funde zu) oder aufgegeben wurde oder anderweitig erloschen ist (z.B. bei Depot-, Grab- und Hortfunden). Insofern handelt es sich bei den Bestimmungen des § 17 DSchG auch nicht um Enteignung, da diese bestehendes Eigentum voraussetzen würde.

Verborgen bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft ernsthaft erschwert ist. Der klassische Dachboden- oder Kellerfund fällt daher nicht unter das Schatzregal, da seinem Auffinden eine große Wahrscheinlichkeit zukommt und in der Regel der aktuelle oder seinerzeitige Eigentümer noch zu ermitteln ist. Auch Funde, die im Bereich einer von einem generellen Besitzwillen getragenen Sachherrschaft entdeckt werden, fallen nicht unter das Schatzregal, auch wenn sie verborgen oder ihr Vorhandensein nicht bekannt war. Dies können etwa sakrale Ausstattungsgegenstände aus Gebäuden, Räumen und Grundstücken einer Kirchengemeinde oder eines Klosters sein.

Ortsfeste, unbewegliche Denkmäler (gem. § 2 Abs. 4 und 5 DSchG) sind vom Schatzregal nicht betroffen. Hier ist nach § 94 BGB der Zusammenhang mit dem Grundstück entscheidend; sie sind wesentliche Grundstücksbestandteile und stehen im Eigentum des Grundstückseigentümers.

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Entdeckung ist nicht nur das zutage fördern und bergen eines verborgenen Fundes, sondern auch das Auffinden eines obertägig (z.B. durch Pflugtätigkeit auf dem Acker) zufällig zutage liegenden und sichtbaren Fundes. Die Entdeckung betrifft sogenannte Zufallsfunde, die von neuen, bis dahin unbekannten Fundstellen stammen, ebenso wie Funde aus geplanter und gezielter Suche (z.B. planmäßige Begehungen, Ausgrabungen, Sondengänger-Funde, Schatzsuchen).

Bei einer archäologischen Ausgrabung gilt als Entdecker das zuständige Denkmalpflegeamt, das die Ausgrabung als Grundlage einer Genehmigung nach § 13 DSchG gefordert hat. Dies gilt auch für erlaubte Begehungen durch ehrenamtliche Mitarbeiter, die auf Grundlage einer Genehmigung nach § 13 DSchG tätig werden.  Die hier auftretenden Funde fallen bei vorliegender Bedeutung im Sinne von § 2 Abs. 1 DSchG  unter die Schatzregalregelung, da diese unabhängig von den Fundumständen gilt.

Das Schatzregal regelt für den Fall des § 984 BGB lediglich die Rechtsfolge des originären Eigentumserwerbs abweichend. Nicht der Entdecker und der Eigentümer der Muttersache erwerben Eigentum, sondern das Land. Wer Entdecker ist, wird dadurch nicht geändert. Eine solche Änderung wäre auch aus Gründen der Gesetzgebungskompetenz nicht möglich. Entdecker bleibt derjenige, der nach dem BGB Entdecker ist. Am Begriff des Entdeckers hat sich durch das Schatzregal insofern nichts geändert.

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Die Bestimmung der besonderen wissenschaftlichen Bedeutung gehört aus denkmalrechtlicher Sicht zu den Aufgaben der Denkmalpflege. Diese Aufgaben sind gemäß § 22 DSchG den Landschaftsverbänden und den dort organisierten Denkmalpflegeämtern zugeordnet. Bei der besonderen wissenschaftlichen Bedeutung von Funden ist ein hoher Maßstab anzulegen, damit sie den Zielsetzungen des Schatzregals entsprechen.

Einzelne Keramikfragmente, Knochen, bearbeitete Steine oder Ziegelfragmente, die als Lesefunde ohne Fundkontext vorgelegt werden, erfüllen in der Regel weder die Anforderungen an ein bewegliches Bodendenkmal noch das Kriterium der besonderen wissenschaftlichen Bedeutung. Anders kann es sein, wenn das einzelne Fundobjekt Teil eines Fundkomplexes von mehreren tausend Einzelfunden einer Ausgrabung oder einer bekannten oder neu entdeckten Fundstelle ist und infolgedessen mit einer klaren wissenschaftlichen Aussage verbunden werden kann, etwa in chronologischer oder typologischer Hinsicht.

Letzteres könnte im Falle von z.B. seltener römischer Importkeramik der Fall sein: um dies zu beurteilen, ist die Sichtung des Materials durch das örtlich zuständige Denkmalpflegeamt nötig.

Kriterien für die besondere wissenschaftliche Bedeutung sind einzeln oder in Kombination insbesondere die folgenden:

–          Das Objekt gilt als Leit- oder Referenzfund einer Epoche oder Kultur

–          Das Objekt gilt als „missing link“ zur Beantwortung einer besonderen wissenschaftlichen Fragestellung

–          Es handelt sich um ein einmaliges oder in seiner wissenschaftlichen Aussagekraft bedeutendes, äußerst seltenes Vorkommen eines bestimmten Fundtyps in einer bestimmten Region

–          Das Objekt ist typologisch und/oder von seinem kunstgeschichtlich-antiquarischen Wert so einzigartig, das an seiner öffentlichen Präsentation ein besonderes Interesse besteht

–          Das Objekt erfordert aus konservatorischen Gründen eine besondere Aufbewahrung, die nur durch die öffentliche Hand sichergestellt werden kann

–          Das Objekt ermöglicht langfristige wissenschaftliche Untersuchungen, die nur am Original möglich sind

Die zuständige Obere Denkmalbehörde kann durch Verwaltungsakt feststellen, ob die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 DSchG vorliegen. Über die Eigenschaft des Fundes als bewegliches Denkmal, bewegliches Bodendenkmal oder sonstiger Fund von besonderer wissenschaftlicher Bedeutung, legt das zuständige Denkmalpflegeamt gem. § 22 Abs. 3 Nr. 1 DSchG ein Gutachten vor. Im Übrigen gilt § 21 Abs. 4 Satz 1 DSchG.

In den Fällen der Abtretung von Fundkonvoluten aus archäologischen Untersuchungen gilt für die Funde, die nicht unter die Bestimmungen des § 17 DSchG fallen, weiterhin die Eigentumsregelung auf Grundlage des § 984 BGB. Solche Funde können etwa Funde sein, die nicht eindeutig der Grabung oder archäologischen Untersuchung zugeordnet werden können (z.B. aufgrund verspäteter Ablieferung oder aufgrund Ablieferung durch Dritte). Im Rahmen der Fundübernahme und Sichtung durch die Denkmalpflegeämter ist zu entscheiden, welche Funde unter die Bestimmungen des § 17 DSchG fallen.

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Die Schatzfundregelung geht bezüglich des Verhaltens bei der Entdeckung nicht über die übrigen gesetzlichen Bestimmungen gem. §§ 15 und 16 DschG NRW hinaus. Besteht bei dem Entdecker der Verdacht, dass es sich bei dem Fund oder der Fundstelle um ein bewegliches oder ortsfestes Bodendenkmal handeln könnte, ist dies unverzüglich der Gemeinde oder dem Landschaftsverband anzuzeigen. Diese Verpflichtung gilt unabhängig davon, ob es sich bei dem Entdecker um einen denkmalpflegerischen Laien oder einen ehrenamtlichen Mitarbeiter der Bodendenkmalpflege handelt. Dies gilt im Zweifelsfall auch (wie bislang) beim kleinsten Keramikfragment, wenn die Vermutung nahe liegt, dass der Fund bedeutend im Sinne des DSchG ist.

Die Verpflichtung zur Ablieferung des Fundes oder der Funde gem. § 17 Abs. 2 DSchG und damit auch der Bergung (Aufsammlung) der Funde besteht nur insoweit, als dass das entdeckte Bodendenkmal gem. § 16 Abs. 1 DSchG in möglichst unverändertem Zustand zu erhalten ist. Das Aufsammeln weniger freiliegender oder unmittelbar sichtbarer Keramikscherben oder eines einzelnen Fundobjektes (z.B. einer Münze, einer Fibel, eines Knochens oder Fossilien) bewegt sich im gesetzlichen Rahmen, das Freilegen und Ausgraben weiterer Funde jedoch nicht.

Auch ist dem Entdecker nicht zuzumuten, unbillige Härten im Zusammenhang mit der Ablieferung des oder der Funde in Kauf zu nehmen. In der Regel wird die Untere Denkmalbehörde oder das Denkmalpflegeamt die Fundmeldung entgegennehmen, die Fundstelle besichtigen und dabei gegebenenfalls die wissenschaftliche Untersuchung des Fundortes veranlassen.

Insofern sieht das Gesetz keine Verpflichtung zur Fundbergung und eine damit verbundene entschädigungslose Übernahme der Kosten einer Fundbergung vor, soweit diese mit einem Bodeneingriff verbunden ist

Das Aufsammeln eines entdeckten Fundes dürfte in der Regel keine Kosten verursachen. Für Entdecker eines Schatzfundes ergibt sich aus den gesetzlichen Regelungen keine generelle Pflicht zur aufwendigen Bergung eines Fundes und damit zur Übernahme von Kosten. Eine gesetzliche Pflicht zur Fundbergung und Übernahme der Kosten der Fundbergung und Ablieferung ergibt sich nur in den Fällen des § 29 Abs. 1 DSchG.

Die Formulierung „Sie sind unverzüglich an die Untere Denkmalbehörde oder das Denkmalpflegeamt zu melden und zu übergeben“ bedeutet nach § 121 Abs. 1 BGB ein Handeln „ohne schuldhaftes Zögern“.

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Der im Gesetzestext formulierte staatliche Eigentumserwerb nennt als künftigen Eigentümer das Land. Da die Funde in das Eigentum des Landes NRW übergehen, hat das Land damit auch grundsätzlich für Magazinierung, Restaurierung und Konservierung der Funde aufzukommen.

Das Land Nordrhein-Westfalen ist weder Träger der archäologischen Fachmuseen noch der Denkmalpflegeämter. Insofern besteht für das Land Nordrhein-Westfalen auch die Möglichkeit, die unter das Schatzregal fallenden Funde per Vertrag im Einzelfall den Landschaftsverbänden und der Stadt Köln sowie weiteren Kommunen mit einer Stadtarchäologie und entsprechend leistungsfähigen Museen auf privatrechtlichem Wege durch Eigentumsübertragung zu überantworten.

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Eine Regelung des Fundverbleibes –etwa durch Leihvertrag mit dem Denkmalpflegeamt bzw. Museum- zugunsten von  ehrenamtlichen MitarbeiterInnen der Bodendenkmalpflege ist auch weiterhin im Rahmen des § 17 DSchG möglich und wird im Einzelfall zwischen dem Entdecker und dem örtlich zuständigen Denkmalpflegeamt geregelt. Dies betrifft auch die Tätigkeit von Sondengängern, die auf der Grundlage einer Genehmigung nach § 13 DSchG NRW tätig sind. 

In Einzelfallbetrachtung kann seitens der Denkmalpflegeämter bei den Landschaftsverbänden und der Stadt Köln, die vom Land dazu ermächtigt werden, entschieden werden, ob bei Zufallsfunden

–          es sich um einen Schatzfund nach § 17 DSchG handelt, dessen wissenschaftliche Bedeutung eine Überführung in ein öffentliches Museum (oder Archiv) erfordert,

–          in welcher Höhe eine Belohnung gezahlt wird,

–          der Besitz der Funde zugunsten der Entdecker geregelt werden kann.

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Zuständig für die Zahlung der Belohnung ist der Eigentümer der Funde. Dies ist nach Gesetz das Land. In den Fällen, in denen die besondere wissenschaftliche Bedeutung eines Fundes eine Belohnung rechtfertigt, wird dies einschließlich der Bemessungsgrundlage der Belohnung in einer schriftlichen Begründung der Obersten Denkmalbehörde im Einvernehmen mit dem örtlich zuständigen Denkmalpflegeamt festgehalten. Dies ist auch aus haushaltsrechtlichen Gründen und im Interesse der Rechtssicherheit der Entscheidung notwendig.

Die Bemessung der Belohnung erfolgt durch Einzelfallentscheidung, die den wissenschaftlichen Aussagewert eines Fundes, sowie seine antiquarische und kunstgeschichtliche Bedeutung zu berücksichtigen hat. Dabei kann insbesondere eine Rolle spielen, ob der Fund ein Novum im Sinne eines einzigartigen Belegs einer bestimmten Fundgattung oder eines Typus darstellt, oder durch eine von der Serie abweichende andersartige Materialität herausragt. Bei der Bemessung der Belohnung kann, insbesondere bei exzeptionellen Einzelobjekten, als Orientierungshilfe auch der Versicherungswert eines Fundes (etwa im Leihverkehr zwischen Museen) herangezogen werden, wobei sich die Belohnung dann in einem zu bestimmenden prozentualen Anteil dieses Versicherungswertes bewegen wird.

Von einer Bagatellgrenze für die Belohnung ist abzusehen, da ohnehin nur bewegliche Denkmäler, bewegliche Bodendenkmäler und Funde von besonderer wissenschaftlicher Bedeutung unter das Schatzregal fallen und insofern „Bagatellfunde“ nicht betroffen sind.

Über die Gewährung der Belohnung und ihre Höhe entscheidet im Einzelfall die Oberste Denkmalbehörde im Einvernehmen mit dem örtlich zuständigen Denkmalpflegeamt. Die Regelung trennt bewusst die Zuständigkeiten zur Ermittlung der Denkmaleigenschaft und wissenschaftlichen Bedeutung einerseits und der Wertermittlung zur Festlegung der Belohnung andererseits. Die Einzelfallregelung im Zusammenhang mit der Soll-Bestimmung der Vorschrift besagt, dass in der Regel eine Belohnung zu zahlen ist und nur in begründeten Ausnahmefällen darauf verzichtet wird.

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Eine besondere Situation entsteht, wenn die wissenschaftliche Bedeutung eines entdeckten Fundes erst zu einem späteren Zeitpunkt, also nach Rückgabe an den Entdecker ersichtlich wird. Hier sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden. Für den Fall, dass die Bedeutung des Fundes zunächst nicht erkannt oder zu einem späteren Zeitpunkt erkannt wird, gilt dennoch der Eigentumserwerb des Landes. Für die Fälle, in denen die Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen des Schatzregals durch einen Verwaltungsakt der Oberen Denkmalbehörde getroffen worden ist, müsste dieser Verwaltungsakt gegebenenfalls geändert bzw. aufgehoben werden. Unter den Voraussetzungen der §§ 48 ff. VwVfG kann ein solcher Verwaltungsakt zwar aufgehoben werden. Die sich ergebenden Folgen, insbesondere ein finanzieller Ausgleich, dürften in der Regel jedoch eher eine andere Lösung nahelegen. Dies bleibt letztlich dem Land überlassen. In solchen Fällen könnte eine wissenschaftliche Dokumentation und Erfassung der Funde nach § 16 Abs. 4 DSchG erfolgen. Der Besitz an den Funden verbliebe beim Entdecker. In Fällen, in denen sich durch verfeinerte Methoden und wissenschaftliche Erkenntnisse die Auffassung darüber wandelt, was die „besondere wissenschaftliche Bedeutung eines Fundes“ ausmacht, kann nicht im Nachhinein der Eigentumsanspruch des Landes geltend gemacht werden, weil es auf die fachliche Expertise und Bewertung zum Zeitpunkt des Entdeckens ankommt.