Kontra Schatzregal

Deutsche Sondengänger Union fordert die ersatzlose Streichung des § 24 DSchG (Schatzregal) in Hessen

Zu § 24 DSchG – Schatzregal

a) Das Schatzregal wurde als Dringlicher Gesetzentwurf (Drucksache 18/3479) der Fraktionen der CDU und der FDP am 14.12.2010 dem Plenum des Hessischen Landtages zur Behandlung vorgelegt. Begründet wurde diese Änderung des DSchG wie folgt:

Mit der vorgesehenen Regelung eines sog. „Schatzregals“ soll gewährleistet werden, dass bewegliche Bodendenkmäler der Öffentlichkeit bzw. der wissenschaftlichen Forschung und Präsentation nicht verloren gehen: Das Land soll mit der Entdeckung beweglicher Bodendenkmäler, deren Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist, daran Eigentum erwerben. Eine derartige Regelung schafft rechtliche Klarheit und umgeht eine zeitund kostenaufwendige „Auslösung“ von Gegenständen. Sie reduziert nicht zuletzt die Attraktivität ungenehmigter Raubgrabungen und ist daher aus denkmalschutzfachlicher Sicht sinnvoll.

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Mitgliedsausweise der Deutschen Sondengänger Union, Quelle: www.dsu-online.de

b) Bezüglich der Kleinen Anfrage der Abg. Beer (FDP) vom 09.09.2014 betreffend Schatzregal teilte Minister Rhein als Minister für Wissenschaft und Kunst mit Schreiben (Drucksache: 19/816) vom 23.10.2014 folgendes mit:

Seit der Einführung der gesetzlichen Regelung wurden bei einem Bodendenkmal die Funde nach einer rechtswidrigen Fundbergung gem. § 24 Abs. 3 HDSchG für das Land Hessen vereinnahmt, die Funde gingen auch in das Eigentum des Landes Hessen über.

Das bedeutet, dass in ganz Hessen in über 4 Jahren seit der Neufassung des § 24 im Hessischen Denkmalschutzgesetz vom 10. Juni 2011 (GVB1. I S. 291) lediglich ein einziges Bodendenkmal von hervorragendem wissenschaftlichen Wert oder bei staatlichen Nachforschungen oder in Grabungsschutzgebieten entdeckt gemeldet wurde.
Das Schatzregal kam nur einmal in dieser langen Zeitspanne zur Anwendung!

Außer diesem einzigen vereinnahmten Fund wurde somit kein einziges Bodendenkmal mehr gemeldet – weder nach rechtswidrigen Fundbergungen, staatlichen Nachforschungen oder in Grabungsschutzgebieten. Fast viereinhalb Jahre Schatzregal und keine einzige Fundmeldung!

Seit der Einführung des Schatzregals verschwinden jeden Tag wertvolle und wichtige Funde in privaten Schubladen oder werden verkauft, zum Teil ins Ausland! Ein unwiederbringlicher Verlust unserer Kultur! Das Schatzregal konnte als ineffektives, realitätsfremdes, bürgerfeindliches und denkmalschutzbeeinträchtigendes Anhängsel ausufernder Regulierungswut enttarnt werden!

c) Als Ergebnis des § 24 DSchG Schatzregal hat in Hessen ein selbsternannter „Raubgräberjäger“ des LKA Hessen, unzählige Ermittlungsverfahren mit Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen gegen Sammler und Sondengänger beantragt und selbst durchgeführt. Nach unseren Informationen wurde kein einziger der von ihm beschuldigten nach dem HDSchG verurteilt. Die Kosten der Ermittlungen nebst Schadensersatzforderungen in Millionenhöhe zahlte der Steuerzahler. Dieses unsinnige Schatzregal – Enteignungs-Gesetz muss gestricher werden. Es gibt andere sinnvollere Möglichkeiten, zu Fundmeldungen durch ehrliche Finder zu kommen.

Wie der renommierte Archäologe Prof. Raimund Karl bereits nach seiner Umfrage „Meinungsbilder zum „Barbarenschatz“-Urteil – Bericht und Analyse einer Umfrage, März 2015“ treffend feststellte:

Dies lässt darauf schließen, dass, mit der richtigen Motivation, die überwiegende Mehrheit aller ‚vorsätzlich‘ archäologische Funde entdeckenden BürgerInnen dazu bewegt werden könnten ihre Funde auch tatsächlich den zuständigen Behörden zu melden. Dass es auch tatsächlich funktionieren kann, einen bedeutenden Anteil der archäologieinteressierten Laien – inklusive Metallsuchern ohne NFG – dazu zu bewegen ihre Funde freiwillig den zuständigen Behörden zu melden, zeigt das Beispiel England und Wales mit dem dort bestehenden, weitgehend freiwilligen, Fundmeldesystem, dem Portable Antiquities Scheme (PAS, http://www.finds.org.uk, abgerufen 24.3.2015).

Das PAS erhält alljährlich freiwillige Fundmeldungen von etwa 6.000-7.000 Laien, darunter jährlich etwa 4.500 Metallsucher ohne NFG (PAS 2013). Vergleicht man das mit den Schätzwerten von Suzie Thomas (2011, 59) von ca. 12.000-14.000 Personen für die Anzahl der Metallsucher in England und Wales, dann bedeutet das, dass wohl irgendwo zwischen ca. 33% und eventuell bis zu über 50% der englischen und walisischen Metallsucher ihre Funde dem PAS melden (auf den höheren Wert von potentiell über 50% kommt man, wenn man berücksichtigt, dass nicht jedes Jahr die gleichen Metallsucher ihre Funde melden, sondern oftmals Metallsucher oder ganze Metallsucherclubs Funde, die sich über mehrere Jahre angesammelt haben, auf einmal melden, siehe dazu z.B. PAS 2008, 33).

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Schatzfund, Quelle: Fotolia.com

Das bedeutet, dass, selbst wenn man davon ausgeht, dass zahlreiche Metallsucher ohne NFG in der Praxis zu bequem sein könnten sich die Mühe von Fundmeldungen auch tatsächlich anzutun, selbst wenn sie Fundmeldungen nicht prinzipiell verweigern, etwa ein Drittel bis über die Hälfte der Metallsucher ohne NFG wohl auch im deutschen Sprachraum dazu bewegt werden könnten ihre Funde den zuständigen Behörden zu melden – und das sind entsprechend der besten derzeitigen Schätzwerte dann immerhin irgendwo zwischen 20.000 und potentiell bis zu deutlich über 30.000 Personen. Es bestünde hier also ein durchaus großes Potential für die archäologische Landesaufnahme Informationen zu gewinnen, die ansonsten tatsächlich unbekannterweise in irgendwelchen privaten Schubladen oder Lagerkisten verschwinden.

Alles, was man dafür tun müsste, ist den Metallsuchern ohne NFG entsprechende Anreize zu bieten, damit sie ihre Funde auch tatsächlich melden. Und das muss, wie ebenfalls das englische und walisische Beispiel zeigt, keineswegs eine erkleckliche finanzielle Belohnung für jeden Fund sein, den sie melden, sondern kann auch nur der Rückgriff auf die hadrianische Teilungsregel bei Bestehen eines kleinen Schatzregals mit Entschädigung des Finders bis zum halben wirtschaftlichen Wert des Fundes sein. Und ja, das würde einiges an Geld kosten, wenn jemand wie Herr C. (Finder des Barbarenschatzes) wirklich auch wirtschaftlich wertvolle Funde macht, aber würde die Archäologie und die deutschsprachigen Länder (die reicher und nicht etwa ärmer sind als Großbritannien, wenn auch nicht viel) sicherlich auch nicht ruinieren.“

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Deutsche Sondengänger Union (DSU), www.dsu-online.de